Wer durch Manitobas Hauptstadt Winnipeg schlendert, trifft auf allerlei Orte, die von der reichhaltigen indigenen Geschichte und Kultur der Stadt zeugen. Wandmalereien und große Kunstwerke, aber auch Restaurants und geführte Stadtrundgänge enthüllen so manch tragische Geschichte, führen aber auch zu einigen unverwechselbaren Erlebnissen aus Kunst und Kulinarik. Gleichzeitig bieten sie einen einzigartigen Einblick in die breitgefächerten und
ausgeprägten indigenen Wurzeln Winnipegs und ganz Kanadas.
Indigene Kunst
Insbesondere die Winnipeg Art Gallery (WAG) trägt zur indigenen Kunst-Szene Kanadas bei, beheimatet sie doch die weltweit größte öffentliche Sammlung zeitgenössischer und traditioneller Kunst der Inuit. Zu den mehr als 14.000 Exponaten zählen 7.500 Skulpturen, 4.000 Drucke, 1.900 Zeichnungen sowie hunderte anderer Artefakte, Keramiken und Textilien. Seit Frühjahr 2021 wird die indigene Ausstellung der WAG im neuen Museumsbereich QAUMAJUQ – bisher als Inuit Art Centre bezeichnet – präsentiert. Durch viele erzählte Geschichten und Videoeinspielungen sowie interaktive Elemente werden die Exponate hier in einen kulturellen und historischen Kontext gesetzt. Die Sammlung präsentiert damit anschaulich wichtige Komponenten der Identität der Inuit.
Die Kunstgalerie Urban Shaman im beliebten Exchange District begeistert dagegen mit einem ganz moderneren Ansatz. Sie gilt als einer der wichtigsten Ausstellungsorte für zeitgenössische indigene Kunst in ganz Kanada.
In den letzten Jahren haben zahlreiche Initiativen dazu beigetragen, die indigenen Wurzeln Winnipegs auch mit großformatiger, öffentlicher Kunst indigener Künstler sichtbar zu machen:
Im Rahmen des einzigartigen Star Blanket Projects des Künstlers Kenneth Lavallee wurden mindestens fünf Gebäude in Winnipeg mit wunderbaren und riesengroßen Star Blanket Wandmalereien versehen, die dem Erbe der Métis Tribut zollen. Einige dieser Murals, wie das an einem Bahnübergang in der Portage Avenue, dienen dabei einem höheren Zweck. So zeigt das dortige Wandgemälde von Tom Andrich die Gesichter von zehn vermissten und ermordeten indigenen Frauen. Auch das Wandbild „The Fancy Shawl Dancers“ am Sutherland Hotel oder das Gemälde von Louis Riel neben der Nonsuch Brewing Company zeugen von der indigenen Geschichte Winnipegs. Louis Riel gilt bis heute als Vater und Begründer der Provinz Manitoba. Als Anführer der Métis gelang es ihm 1870 in der Red River Rebellion, eine eigene Provinz innerhalb der Dominion of Canada zu erkämpfen.
Indigene Geschichte
Viele kennen Winnipegs National Historic Site The Forks als geselligen Ort, um sich mit Freunden zu treffen und auszugehen. The Forks ist jedoch viel mehr als das! Mit dem Red River und dem Assiniboine River treffen hier zwei wichtige Wasserwege aufeinander, die den Kontinent in alle Richtungen zweiteilen. Es handelt sich deshalb von jeher um einen der historisch wichtigsten Orte in Westkanada. An der heutigen The Forks National Historic Site sind Stätten wie der Oodena Celebration Circle eine eindrucksvolle Hommage an die Ureinwohner der Region, die diesen Ort bereits seit über 6.000 Jahren als Versammlungsstätte nutzen. Das drei Meter tiefe Becken war einst mit Erdreich voller indigener Artefakte gefüllt.
Auch Niimaamaa, der riesigen und mutig gestalteten Skulptur einer schwangeren Frau, sollte man an der The Forks National Historic Site Beachtung schenken. Diese rund neun Meter hohe Statue der Künstler KC Adams, Jaimie Isaac und Val Vint steht für Mutterschaft, Mutter Erde und Neuanfänge. In der Sprache der Cree, Ojibwe und Métis bedeutet das Wort Niimaamaa „meine Mutter".
Die lange und ereignisreiche Geschichte der indigenen Völker Manitobas, mit ihren vielen spannenden Geschichten und Legenden, lässt sich hervorragend bei der 90-minütigen Oral History Walking Tour ergründen, die im Sommer an ausgewählten Terminen an der The Forks National Historic Site von Stammesältesten angeboten wird.
Etwas außerhalb des Stadtzentrums ist an der Beaumont Station an Winnipegs Southwest Transitway der Rooster Town Kettle nicht zu übersehen. Die fünf Meter hohe Konstruktion eines überdimensionalen Teekessels erinnert daran, dass hier, am einstigen Stadtrand Winnipegs, von 1901 bis 1961 eine Métis-Gemeinde mit 250 Einwohnern zu Hause war. Als jedoch Pläne für den Ausbau des neuen Stadtteils Fort Rouge Gestalt annahmen, wurden die hier lebenden Familien von der Stadt Winnipeg enteignet und mussten ihre Bleiben aus Holz-Waggons verlassen. Der Künstler Ian August – selbst Métis, d.h. ein Nachfahre europäischer Pelzhändler und Frauen indigener Abstammung – entwarf den Kessel, um auf das starke Gemeinschaftsgefühl der Métis hinzuweisen, bei denen Besucher stets willkommen sind und mit einer Tasse heißen Tees begrüßt werden. Um diese Tatsache zu unterstreichen, könnte der riesige Rooster Town Kettle Wasser für 250 Personen fassen – eben jene Zahl an Menschen, die an diesem Ort einst zu Hause waren und damals unter einem Mangel an sauberem Wasser litten.
Indigenes Einkaufserlebnis
Teekca's Aboriginal Boutique im The Forks Market hat wahrscheinlich die größte Auswahl an Artikeln, die von indigenen Designern hergestellt oder inspiriert wurden: von den beliebten perlenbesetzten Elch- und Rindsleder-Mokassins über Decken mit dem berühmten Sternenmuster bis hin zu besonderen Teesorten ist hier alles zu finden. Es macht Spaß, zwischen Traumfängern, Produkten aus Bärenöl, Karibu-Tufting, Silber- und Türkisschmuck oder Specksteinschnitzereien zu stöbern. Und noch mehr Spaß, dann auch ein eigenes Erinnerungsstück zu erwerben.
Anne Mulaire ist eine preisgekrönte kanadische Modedesignerin französischer Métis-Abstammung. Ihr Ziel ist es, Frauen durch das Tragen ihrer Kleidung stark und selbstbewusst zu machen. Wer durch ihre Boutique in der 421 Mulvey Ave East schlendert, kann sich an der hochwertigen Kleidung mit unterschiedlichen indigenen Elementen und Prints erfreuen. Wie wäre es beispielsweise mit einem perlenbesetzten Fléchée-Gürtel, dem Hüftwärmer „Spirit of the North“, den atemberaubenden Jean Louis-Blazern oder den bestickten Blusen ihrer Heritage-Kollektion? Andréanne Mulaire Dandeneau, wie die Designerin mit vollem Namen heißt, wurde in St. Boniface geboren und ist mit dem Kulturgut der Anishinaabe und der Frankokanadier aufgewachsen. Sie ist die Ur-Ur-Ur-Enkelin von Catherine Mulaire, die 1843 als Tochter eines Voyageurs und der ersten Métis-Lehrerin in der ländlichen Red River Siedlung geboren wurde.
Indigene Esskultur
Das Feast Café Bistro ist eines der wenigen indigenen Restaurants in ganz Kanada und füllt damit eine köstliche Lücke in der Gastro-Szene des Landes. Frisch gefangener Zander oder langsam gebratener Bison aus Manitoba passen wunderbar zu einem heißen Stück Bannock, dem traditionellen Fladenbrot der Ureinwohner. Die Besitzerin und Küchenchefin Christa Bruneau-Guenther vom Stamm der Peguis First Nation möchte den Besuchern ihres indigenen Restaurants in Winnipegs West End moderne Gerichte servieren, die in der traditionellen Küche der Ureinwohner verwurzelt sind. Ihre innovativen Rezepte haben bereits eine gewisse Berühmtheit erreicht und wurden schon in Lifestyle Magazinen wie Canadian Living oder Châtelaine und im TV auf Food Network Canada vorgestellt.
Weitere Informationen über Winnipeg gibt es unter www.travelmanitoba.com sowie www.tourismwinnipeg.com.
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